Erster Tag, erste Begegnung - sofort alles vermasselt?

Es war früh morgens und Frühstückszeit für die Königsfamilie. Fîen fand, dass dies die beste Zeit war, damit anzufangen, sauber zu machen. Yuukis Zimmer hatte sie schon in Rekordzeit mit einer Freundin auf Hochglanz gebracht, nun waren die Zimmer von Kronprinz Ethiel dran. Ihre zittrige Hand lag unsicher auf der Türklinke einer versteckten Tür, die direkt in die Gemächer des Prinzen führte. Noch nie hatte sie diese Gemächer betreten, denn dies war ihr erster richtiger Arbeitstag. Nervös öffnete sie die Tür und trat ein. Sie sah sich um und stellte fest, dass es hier von der Einrichtung genauso aussah, wie auch bei Yuuki und Ailira. Erleichtert ging sie auf den großen Schrank zu, öffnete ihn und legte dort die frisch gewaschenen Sachen hinein. Dann drehte sie sich um, um weiter für Ordnung zu sorgen und erstarrte kurz. Da lag der Prinz doch tatsächlich noch im Bett! So ein Mist! Und das an ihrem ersten Tag! Durfte sie den Prinz wirklich sehen? Schnell schlug sie die Augen nieder und schloss die Schranktür, um möglichst schnell wieder verschwinden zu können.

Der Thronerbe bekam von den Aktivitäten in seinem Zimmer herzlich wenig mit. Er hatte bis tief in die Nacht gelesen, hatte sogar noch das Buch in der Hand wärend er schlief. Dementsprechend war sein schlaf um diese Uhrzeit noch immer recht tief. Er regte sich. Wachte allerdings nicht auf. Die Bewegungen, die er gemacht hatte um sich etwas bequemer hinzulegen führten lediglich dazu, dass die Decke, die über ihm lag, etwas von ihm herunter rutschte und so seine Brust entblöste. Ethiel hatte sich im laufe der Jahre angewöhnt, nur in einer bequemen Hose zu schlafen.

Als Fîen erneut einen Blick zu dem Kronprinz warf, verfluchte sie sich leise, dass sie es überhaupt getan hatte. Das konnte ihr nämlich unmöglich gestattet sein, zu sehen. Also senkte sie den Kopf und versuchte schnurstracks das Zimmer zu verlassen, um nicht erwischt zu werden. Schande über sie, wenn sie die erste war, die auf diese Weise sofort alles vermasselte und den Ruf der ganzen Dienerschaft in den Dreck zog. In diesen Gedanken vertieft, sah sie die Kiste mit Büchern nicht und flog in hohem Bogen auf den Boden.

Ein leises grummeln verlies seine Kehle. Was war denn nun wieder kaputt? Langsahm setzte er sich auf und rieb sich die Augen. " Was'n los? " Murmelte er und sah mit seinem gewohnt verschlafenen Blick genau auf die unachtsahme Bedinstete. Ethiel kratzte sich kurz am Kopf, schien zu überlegen. " Du bist die Neue? " Fragte er und sah auf die Bücher die auf den Boden gefallen waren. Dann sah er wieder sie an und seine blaugrünen Augen blitzten sie verstehend an. " Mach dir nichts draus, ist hier schon fast jedem passiert. Wie heisst du eigendlich? " Fragte er dann und interessierte sich allen anschein nach dafür, dass er mit entblöstem Oberkörper vor ihr saß.

Schnell rappelte sie sich wieder auf und sah sich erschrocken dem Prinz gegenüber. Beschämt senkte sie den Blick und schluckte. Sie nickte unsicher, als er sie fragte, ob sie 'die Neue' sei. "Fîen, Herr", antwortete sie, den Blick noch immer zu Boden gesenkt und wohlwissend, dass sie lieber weniger, als zu viel sagen sollte, um nicht seine Wut auf sich zu ziehen und die konnte sie ja im Moment nun wirklich nicht gebrauchen.

" Fîen? Schöner Name. " Entgegnete er und fand es schade, dass sie sich so zurückhielt. Von seinen Schwestern und von der Frau die in seinem Zimmer zuvor gearbeitet hatte hatten ihn immer ausgeschimpft, dass er sich als zukünftiger Herrscher doch bitte etwas 'zivilisierter' verhalten sollte und zumindest in seinem eigenen Zimmer etwas Ordnung hinein bringen sollte. Doch das alles sagte ihm diese junge Angestellte nicht. Aber wie er ja, gezwungenermaßen, sich recht gut mit den weiblichen Geschlecht auskannte war ihm klar, dass das schon bald kommen würde. Aus diesem Grund genoss er die Ruhe und lies sich einfach wieder auf sein Bett fallen, verschränkte die Arme hinter den Kopf und schloss seine Augen. " Hat Vater dich geschickt? " Fragte er dann noch nach.

"Nein, Herr", entgegnete sie noch immer zurückhaltend und schüchtern. "Ich bin hier, um meine Arbeit zu tun und hier aufzuräumen. Ich wusste nicht, dass Ihr noch schlaft!" Es klang selbst in ihren eigenen Ohren nach Verteidigung und Rechtfertigung, statt höflicher Antwort. Sie bemühte sich, nicht allzusehr die Fassung zu verlieren. Noch nie, nie in ihren 16 Lebensjahren hatte sie einem Mitglied der Herrscherfamilie gegenüber gestanden, immer war sie umgeben von den anderen Dienern gewesen und nun war sie plötzlich von einem Tag auf den anderen auf sich allein gestellt.

Er streckte sich etwas und kicherte etwas dabei. " Dann ist ja gut. Wie es aussieht weiss es mein werter Vater auch nicht. Das erspart mir einiges. " Als er sich fertig gestreckt hatte sah er sie mit halb offenen Augen an, was ihn aussehen lies, als ob er gleich wieder einschlafen würde. " Vor mir brauchst du dich nicht zu rechtfertigen. In diesem Gebäude werde ich wohl der letzte sein, der dir irgendeinen Vorwurf macht. " Sagte er dann ehrlich. Dann sah er zu seiner Zimmerdecke. " Um die Bücher kümmere ich mich gleich selber, also brauchst du heute für mich nichts mehr tun. Ich hoffe es ermöglicht es dir, etwas mehr Freizeit zu haben. Denn obwohl mich nur sehr wenige von denen, die hier arbeiten sehen, weiss ich dennoch wie viel sie schuften müssen. Naya, genies deine Freizeit. " Sagte er dann, drehte sich mit den Rücken zu ihr und machte anstalten, seinen Schlaf, den er vor kurzem unterbrochen hatte, weiterzuführen.

Freizeit? Im ersten Augenblick war Fîen vollkommen vor den Kopf gestoßen. Sie wollte doch arbeiten! Außerdem waren all die anderen beschäftigt. Doch dann nickte sie und verließ mit einem "Natürlich, mein Herr", seine Zimmer. Wenn er das so wünschte, konnte sie sowieso nichts dagegen machen, immerhin stand sie um einiges niedriger als er. Aber was jetzt tun? Nachdem sie eingesehen hatte, dass sie allen anderen nur im Weg stand, ging sie nach draußen.