Freunde und Familie

Nach dem Verschwinden ihres Bruders, hatte Ailira sich auf die Suche nach Antworten gemacht - und auch welche gefunden. Die Schlüsselfigur schien tatsächlich die kleine Dienerin zu sein. Mit der Zeit hatte sie sich sogar mit ihr angefreundet und nun saßen sie beide in Liras Gemächern, Lira hatte einen kleinen Jungen auf ihrem Schoß, Fîen saß an der Harfe und sang leise ein Schlaflied, um den Kleinen endlich zum schlafen zu bringen.

Zehn Monate waren vergangen, seitdem sie Ethiel das letzte Mal gesehen hatte und sie bereute es schon lange. Doch was konnte sie tun? Gar nichts mehr, sie hatte ihn vergrault, ihn verletzt. Umso glücklicher war sie, dass sie ailiras Freundschaft hatte und nun für den kleinen Jungen ein Lied singen konnte, was ihn hoffentlich einschlafen ließ. Er hatte eindeutig die Augen seines Vaters, stellte sie jedes Mal aufs Neue fest und auch die weißen Haare waren schon zu erkennen.

Nachdem Ethiel nun gute zehn Monate auf der Oberfläche verbracht hatte war er wieder in seine Heimat zurückgekehrt. Er hatte nicht vor all zu lang zu bleiben, er wollte nur seine Zwilligsschwester und seine Gelibte wiedersehen, auch wenn es bei Fîen villeicht das letzte mal sein würde, oder villeicht gerade desswegen begab er sich zu den Raum seiner Schwester. Seine Haare waren länger geworden, reichten ihm nun bis zu seiner Hüfte, nur einen Bart hatte er nicht bekommen. Seine Augen schienen das Licht der Sonne absorbiert zu haben und wirkten heller als zuvor. Niemand schien ihn zu bemerken, alle waren beschäftigt, ihm war dies nur recht. Er gelangte zu ihrem Zimmer und öffnete die Tür, leise, vorsichtig, als ob es mitten in der Nacht währe und rief leise: " Ailira? "

Unermessliche Freude breitete sich in ihrem Gesicht aus, als sie die Stimme ihres Bruders hörte. "Du solltest ihn nehmen, wenn Ethiel jetzt rein kommt... Er ist immerhin dein Sohn", meinte Ailira leise und gab den Jungen an Fîen, bevor sie ihren Bruder umarmte. Sie hatte ihn vermisst. Sie wusste, dass Fîen ihn eigentlich nicht hatte wieder sehen wollen und auch aus welchen Gründen, doch das war gerade nebensächlich.

Erschrocken nahm Fîen ihren Sohn auf die Arme und versuchte sich im Hintergrund zu halten. Sie hatte Ethiel vermisst, so sehr, dass es ihr körperlich wehtat. Wieder standen Tränen in ihren Augen und suchten sich ihren Weg über ihr Gesicht. Automatisch drückte sie ihren Sohn enger an sich, wollte sie doch unscheinbar bleiben. Doch wie immer war ihr das nicht vergönnt - der Kleine begann zu weinen.

Er lies sich nur zu gerne von seiner Schwester umarmen. Er lächelte leicht und schob sie nach kurzer zeit wieder von sich. Ethiel lächelte sie an, doch war es nicht dieses fröhliche, katzenhafte Lächeln sondern ein trauriges, fast schon schmerzvolles lächeln. Doch dann erregte ein weinen seine Aufmerksahmkeit, sein Kopf wante sich ruckartig zu der Geräuschquelle und er sah sie. Sein Herz schien still zu stehen, sein Hals schnürte sich zu. Da stand sie, in einer Ecke wie eine scheue Katze mit einem weinenden Kind auf den Arm. Der Kronprinz fühlte sich unfähig irgendetwas zu tun oder zu sagen.

Sie drückte ihn und war einfach nur frph, ihn wieder zu haben. Als er sich dann von ihr abwandte, legte sie ihre Hand zwischen seine Schulterblätter. "Geh zu ihr. Sie hat sich die ganze Zeit versteckt und egal was sie gesagt hat, sie liebt dich, ich kann es ihr ansehen", flüsterte sie ihrem Bruder zu und stieß ihn leicht in ihre Richtung, damit er sich einen Ruck gab. Ob er ihr glaubte oder nicht, wusste sie nicht, sie hoffte nur, er würde es tun.

Fîen drückte ihn näher an sich. "Shhh... Caryl...Sei doch still!", flüsterte sie ihm zu in der Hoffnung, er würde endlich leise sein, die Königsfamilie nicht stören. Doch natürlich hatte er genau das bereits getan. Durch den Schleier ihrer Tränen hindurch sah sie, dass Ethiel sie beobachtete. Sie hatte von Anfang an nicht gewollt, dass er wusste, dass sie ein Kind von ihm erwartete, denn das könnte für ihn den sozialen Tod bedeuten. Doch vermutlich wusste er es nun, denn das Alter des Kindes sprach eindeutig für sich - er war ja gerade Mal zwei Monate alt. Sie wusste nicht, was er nun tun würde. sie hatte ihn verletzt, belogen und ihn hintergangen, sie hatte ihm das wohl wichtigste vorenthalten. Sie konnte seinem Blick nicht standhalten, senkte ihren Blick und sah ihren Sohn an, sie konnte ihn nicht ansehen, sie hatte sich selber zu weh getan.

Er wurde von seiner Schwester in ihre Richtung geschupst. Doch statt weiter zu gehe blieb er stehen. Er wusste nicht was er tun sollte. Er sah seine Geliebte mit diesem Kind, er sah es näher an da er nur Seelische Schmerzen empfand, wenn er sie ansah. Wie durch eine Göttliche eingebung wusste er, dies war sein Kind. Wie ferngesteuert ging er auf sie zu, doch er sah nicht sie, sah nur seinen Sohn. Behutsahm nahm er ihn ihr aus den Armen und bette den kleinen in seine Arme während er sich setzte. Vorsichtig, als währe er aus Glas, strich er den kleinen über das Gesichtchen.

Er kam auf sie zu und eine undefinierbare Angst machte sich in ihr breit. Er nahm ihr ihren Sohn aus den Armen und sie konnte das Bild nicht beschreiben, was sich ihr bot. Nichts konnte ihre Tränen mehr aufhalten. Ungehemmt weinte sie, versuchte erst gar nicht, sie aufzuhalten, denn sie wusste, ihr würde es nicht gelingen. Es war, als reiße ihr jemand das Herz aus der Brust. Wie sehr hatte sie sich gewünscht, dieses Bild jemals zu sehen und nun? Nun konnte sie nicht mehr stehen, ihre weichen Beine hielten sie nicht.

Er war wie in Trance, nahm nur noch seinen Sohn wahr, der ihn neugirig aus leuchtenden Augen Musterte. Sein noch eher Flaummäßiges Haar war silbern wie seines. Der kleine, dessen Namen er nicht einmal kannte, Streckte sein kleines Patschehändchen nach einer seiner langen Strähnen aus und spielte damit. Ein breites Grinsen, so hell leuchtend wie die Sonne selbst hatte sein Sohn im Gesicht. Ethiel konnte nicht anders und lächelte ihn liebevoll an und auch wenn seine Augen von der Sonne der Oberfläche wie gebleicht schienen, leuchteten sie nicht weniger als die seines Kindes. Ethiel fühlte sich, wie in einer wunderschönen Scheinwelt.

Mühsam ging sie noch so gerade eben zum Bett, bevor sie sich abstützen musste, um auf den Beinen zu bleiben. Er hatte sie gar nicht gesehen und bekam sie auch jetzt nicht mit, das wusste sie irgendwie. Er hatte nur Augen für seinen Sohn. Ihr sollte es Recht sein, er würde es gut bei ihm haben, das wusste sie. Es war besser für ihn, als bei den Bediensteten aufzuwachsen, das war ihr klar, doch es tat unglaublich weh. Genauso mühsam erreichte sie endlich die Tür, die sie zurück in die Sicherheit ihrer Räume bringen würde.

Das war eindeutig nicht das, was sie sich erhofft hatte. Das Fîen jetzt versuchte zu fliehen, konnte sie verstehen, aber sie hatte gehofft, dass ethiel sie noch liebte, denn sie wusste, dass Fîen es tat, so sehr, dass sie beinahe hier zusammen brach. Schnell begab sie sich zu ihrem Bruder. "Ethiel?", fragte sie ihn vorsichtig und nahm ihm seinen Sohn wieder ab.

Erst als seine Zwillingsschwester ihm seinen Sohn aus der hand nahm erwachte er aus seinem Tagtraum. Wie automatisch drehte sich sein Kopf zur Tür, wo seine Liebste mal wieder versuchte zu fliehen. " Fîen! " Rief er und stand auf.

Sie hörte ihren Namen und drehte sich leicht um. Zu viel für ihre ohnehin nicht mehr stabilen Knie, denn sie gaben nach. Sie kam hart auf dem Boden auf, doch der Schmerz in ihrem innern, war größer. Noch immer flossen Tränen ungehindert über ihre Wangen, das gesicht hatte sie in Richtung Boden gewandt, er brauchte es nicht sehen, sie wollte eiegtnlich gar nicht, dass es er sah.

In gefühlter Lichtgeschwindigkeit war er bei ihr und kniete sich vor ihr nieder. Doch dann hielt er inne, sie weinte und sah ihn nicht an. Allein dieser anblick versetzte ihn einen tiefen Stich ins Herz. Er schluckte, wusste nicht, was er sagen sollte. Doch dann, ohne es wirklich zu wollen hörte er sich fragen: " Wraum? "

"Ich..." weiter kam sie nicht, legte ihr Gesicht in ihre Hände, um es vor ihm zu verbergen, er sollte nicht ihre Verzweiflung sehen. "ich hab gedacht... es würde einfacher... Als ich... wusste, dass ich....schwanger war... dachte ich, ich würde alles kaputt machen! Ich bin nicht... jemand, der zu deinem Stand passt... es...." Ihre Stimme versagte ihr, sie konnte sich nicht erklären, die Verzweiflung in ihr war zu hoch.

Wortlos zog er sie in seine Arme, als wollte er sie niemals wieder loslassen. Er zitterte, konnte nicht glauben das dies wirklichkeit war. Vorsichtig, als ob diese Zene wie ein Traum einfach fort währe wenn er sich zu schnell bewegte, lehnte er seinen Kopf an ihren. Sein Brustkorp wibrierte, sein Magen wusste nicht ob er nur ribbeln oder rumrohren sollte.

Sie ließ sich von ihm in seine Arme ziehen und lehnte sich schluchzend an ihn. "Es tut mir so Leid...", murmelte sie und drückte sich leicht an ihn. "ich liebe dich doch", fügte sie leise hinzu und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. Sie hatte ihn so sehr vermisst und jetzt zog sie gierig seinen Geruch ein, als ob sie ihn nie wieder riechen konnte.

Auch wenn sie weinte, ihre Worte waren wie ein warmer Sommerregen für ihn. Er löste sich leicht von ihr und gab ihr dann einen Kuss. Wie ein Verdustendet naschte er an ihren Lippen, hatte das gefühl diese seit Ewigkeiten nicht mehr berührt zu haben.

Nur zu gern erwiderte sie seinen Kuss. Er schmeckte salzig, von ihren Tränen durchtränkt und doch war es das beste, was sie seit langem geschmeckt hatte. "Verzeih mir... bitte verzeih mir", murmelte sie und sah ihn durch ihren Tränenschleier hindurch an. "Und bitte, lass es nicht an dem Kleinen aus..."

Das er es nicht an ihrem gemeinsahmen Kind auslassen sollte war für ihn wie ein tritt mitten ins Gesicht. Er brauchte eine Zeitlng nach worten, brauchte luft um sie auszusprechen. " Was? Denkst du ich könnte..? Denkst du ich würde hier sein wenn ich das nicht täte? "

Sie sah ihn an. "Wenn du mich dafür hasst, was ich getan habe, kann ich damit leben, aber bitte, hasse ihn nicht, er kann doch nichts dafür!", entgegnete sie, dabei war sie sich nicht sicher, was er gemeint hatte. Sie hatte nur den Drang dazu, ihm das zu sagen, ihm vielleicht wieder näher sein zu können.

Ohne es wahr zu nehmen wich er zurück. Wie konnte sie dies auch nur annehmen? " Hälst du mich für so srkupellos? " Fragte er entsetzt. Sein Blick glitt Hilfesuchend zu seiner Schwester, sie würde es wohl besser verstehen als er. Zumindest hoffte Ethiel dies.

Auch wenn sie bisher einfach nur zugesehen hatte, war nun eindeutig die Zeit für sie gekommen, einzuschreiten. mit wenigen schritten war sie bei den beiden. "Nicht, Ethiel... sie will sich nur schützen... vergiss nicht, wie sie groß geworden ist, sie versteht nicht viel von unserer Welt", versuchte sie ihn zu beschwichtigen, denn sie wusste, welch selbstzerstörerischen Gedanken das Mädchen hatte.